Das Virus Covid-19 verändert gerade enorm unser Leben und Alltag. Das hat auch Auswirkungen auf unserer Arbeitsleben und insbesondere das der Menschen mit Behinderungen.
Zusammenfassung in Einfacher Sprache:
- Lasst Menschen mit Behinderungen Home-Office machen. Home-Office bedeutet: Du arbeitest zu Hause.
- Home-Office ist für viele Menschen mit Behinderungen wichtig. Es schützt sie vor Ansteckung. Menschen mit Behinderungen haben zu Hause alles, was sie brauchen.
- Gebt Menschen mit Behinderungen das, was sie für das Home-Office brauchen.
- Achtet darauf, dass jeder Mensch im Home-Office teilhaben kann. Es braucht barriere-freie Software. Es braucht aber auch barriere-freie Arbeits-Plätze zu Hause.
- Soziale Kontakte sind wichtig. Fragt eure Kolleg*innen: Wie geht es dir?
- Nicht alle Menschen arbeiten im Home-Office. Viele Menschen mit Behinderungen können jetzt nicht arbeiten. Denn viele kleine Betriebe und Werkstätten haben zu. Doch was passiert mit diesen Menschen mit Behinderungen?
- Die Situation gerade ist für alle schwierig. Wir müssen das Beste daraus machen und viel dazu lernen.
Gebt Menschen mit Behinderungen die Möglichkeiten Homeoffice zu machen, auch wenn es in euren Unternehmen nicht üblich ist.
Noch vor wenigen Tagen war Homeoffice oft die spezielle Lösung für viele Menschen mit Behinderungen, um inklusiv arbeiten zu können. Diese Lösung musste von den Betroffenen oft hart erkämpft werden, weil es seitens der Arbeitgeber*innen und Kolleg*innen viele Bedenken diesbezüglich gab und es nicht als Möglichkeit eines Nachteilsausgleichs akzeptiert wurde.
„Einmal war ein Homeoffice-Arbeitsplatz erst dann möglich, als ein anderer männlicher Kollege diesen bewilligt bekam. Er wohnte in einer anderen Stadt. Allein das zählte als Argument. Meine Behinderungen reichte bis zu diesem „Ereignis“ nicht als plausible Begründung fürs Arbeiten vom Homeoffice aus – und damit einer deutlichen Arbeitserleichterung für mich. Erst als der Kollege seinen Homeofficeplatz bewilligt bekam, konnte ich auf Gleichbehandlung argumentieren und bekam nun ebenfalls die Möglichkeit vom Homeoffice aus zu arbeiten.“
(Dieses Zitat stammt aus einer Umfrage, die von JOBinklusive durchgeführt wurde.)
Im Homeoffice haben Menschen mit Behinderungen oft die besten Rahmenbedingungen, um ihre Arbeit gut machen zu können. Die Arbeitszeit ist frei einteilbar. Je nach Bedarf ist es möglich früh aufzustehen, mal zwischendurch Physiotherapie zu machen oder die Rollstuhl-Techniker*in reinzulassen. Auch Menschen mit schwankender Tagesform können ihr Pensum an ihren Rhythmus individuell anpassen. Das ist für Menschen mit chronischen oder psychischen Einschränkungen besonders relevant.
Wenn Menschen mit Behinderungen sich zwischendurch mal hinlegen müssen, ist dies im Büro meist nicht möglich, zu Hause aber schon.
Dies sind wichtige Aspekte auch ohne Corona. Doch in Zeiten von Corona ist es für viele Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen notwendig, im Homeoffice arbeiten zu können. Das Homeoffice reduziert die Ansteckungsgefahr auf ein Minimum, da der Kontakt zu den Kolleg*innen und der Arbeitsweg wegfallen. Doch noch andere Dinge begünstigen, dass Menschen mit Behinderungen nicht an Corona erkranken. Barrierefreie Toiletten sind nicht immer und überall für Menschen mit Behinderungen gleich gut nutzbar, weil sie zu klein sind oder eine Haltestange anders angebracht ist. Für Viele ist deshalb ein Toilettengang außerhalb anstrengender oder weniger komfortabel. Im Gegensatz dazu ist die häusliche Toilette bestens auf die eigenen Bedürfnisse abgestimmt, so trinkt man ausreichend und der Virus wird gut wieder ausgespült. Die Ernährung ist ggf. ausgewogener und da der Arbeitsweg entfällt, werden Kräfte gespart. Es gibt in der häuslichen Umgebung Hilfsmittel zum Abhusten oder Inhalieren, die manche als Vorbeugung gegen Atemwegserkrankungen einsetzen müssen.
Stellt Menschen mit Behinderungen die benötigten Arbeitsmittel zur Verfügung.
Etliche Menschen mit Behinderungen brauchen spezielle Hilfsmittel, um gut und gesund arbeiten zu können, die sie jedoch in der Regel nicht zu Hause haben. Das kann ein besonders rückengerechter Arbeitsplatz, bestimmte Lesegeräte oder gewisse Software sein. Deshalb klärt mit euren Kolleg*innen mit Behinderungen, ob sie etwas brauchen und wenn ja, wie ihr es vorbei bringen könntet.
Achtet darauf, dass Onlinetools, die ihr nun benutzt, barrierefrei sind.
Viele Unternehmen haben ihre Arbeit bereits auf Homeoffice umgestellt. Dabei greifen sie auf zahlreiche Onlinetools zurück. Immer noch sind viele Angebote im Internet nicht barrierefrei. Achtet also darauf, wenn ihr zum Beispiel mit sehbehinderten Kolleg*innen zusammen arbeitet, dass ihr Angebote nutzt, die für alle zugänglich sind. Video-Chats haben manchmal einen schlechten Ton und sind somit für schwerhörige oder taube Menschen schwierig. Achtet darauf, dass alle eurer Kommunikation folgen können und fragt, was die Person braucht oder was du noch besser machen könntest. Auch für das Homeoffice können Gebärdensprach-Dolmetscher*innen notwendig sein.
Soziale Kontakte sind wichtig.
Zeiten wie diese belasten insbesondere Menschen mit psychischen Erkrankungen sehr. Der Austausch mit den Kolleg*innen fehlt. Es verstärkt sich das Gefühl der Einsamkeit. Deshalb ist es besonders wichtig, auch den informellen Austausch ernst zu nehmen und in regelmäßigem Kontakt zu bleiben.
Tipp aus der Sozialheld*innen-Redaktion: Wir halten uns regelmäßig über WhatsApp auf dem Laufenden und treffen uns auf einen Cyber Coffee bei Google Hangouts Meet.
Nicht alle Menschen arbeiten im Homeoffice.
Viele Menschen mit Behinderungen haben nicht die Gelegenheit im Homeoffice zu arbeiten. Sie arbeiten unter anderem in kleinen handwerklichen Betrieben, die zur Zeit um ihre Existenz kämpfen. Menschen mit Lernschwierigkeiten und Menschen mit seelischen Beeinträchtigungen, sog. psychischen Erkrankungen, arbeiten oft in Werkstätten für behinderte Menschen. Während Kindergärten, Schulen und soziale Einrichtungen bereits einige Wochen geschlossen haben, sind viele dieser Einrichtungen erst seit wenigen Tagen zu. Viele Menschen mit Behinderungen gingen also noch sehr lange ihrer Arbeit nach, obwohl viele von ihnen auch zur Risikogruppe gehören. Da viele von ihnen auch in Wohngruppen leben und dort tagsüber, wenn die Bewohner*innen normalerweise in der Werkstatt wären, in der Regel keine ausreichende Betreuung vorhanden ist, steht die Politik gerade vor einem großen Problem, das erst jetzt thematisiert wird.
Die derzeitige Situation als Chance und Herausforderung nutzen.
Corona kann also für einen Teil der Menschen mit Behinderungen bedeuten, dass ihre Bedürfnisse besser nachvollzogen werden können, da nun plötzlich viele auf die Option Homeoffice angewiesen sind und sich andere Formen der Zusammenarbeit etablieren. Gleichzeitig fehlt aber vielen Menschen mit Behinderungen die Alternative sich aus der Arbeit und damit aus der Gefahr herauszuziehen. Viele Menschen mit Behinderungen haben außerdem Angst, ihren Job zu verlieren. Wir brauchen individuelle Lösungen und Unterstützungen, um den Bedürfnissen dieser Menschen aus der #risikogruppe gerecht zu werden.
Foto: Michel Arriens | www.michelarriens.de