Der Weg in Arbeit für Menschen mit Behinderungen ist nicht leicht. Und schon gar nicht einfach zu verstehen. Wir haben deshalb hier die häufigst gestellten Fragen zusammengestellt, um einen Überblick zu geben.
Beratung und der Umgang mit Ämtern
Das ist leider nicht so einfach zu beantworten. Da kommen ganz viele individuelle Bedingungen ins Spiel. Am besten wendet man sich als behinderte Person oder deren Verbündete deshalb an eine Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EuTB) in der Nähe. Dort gibt es Beratung von Menschen mit Behinderung (Peer Counseling). Dort erhälten Menschen mit Behinderungen und deren Verbündete Informationen, was geeignet und wer zuständig ist.
Wenn die behinderte Person schon weißt, was sie braucht und was beantragen möchte, gilt folgende Faustregel:
- Ist die Person noch in der Schule oder ganz am Anfang des Arbeitslebens: Agentur für Arbeit.
- Die Person arbeitet schon länger: Inklusionsamt oder Rentenversicherung.
- Die Person ist in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt: Kostenträger. Das ist das Amt, das den Werkstattplatz finanziert.
- Die Person ist schon länger arbeitslos: Jobcenter.
Grundsätzlich kann man sich aber an jede dieser Stellen wenden. Ämter sind verpflichtet, jeden Antrag zu prüfen und ihn dann nach zwei Wochen an die richtige Stelle weiterzuleiten.
- Behinderte Menschen und deren Verbündete sollten erstmal davon ausgehen, dass die Mitarbeiter*innen in den Ämtern helfen wollen. Die meisten werden nach ihrem besten Gewissen handeln. Doch auch die Mitarbeiter*innen in Ämtern wissen nicht alles. Deshalb ist es wichtig, selbst gut informiert zu sein: Was steht der behinderten Person zu? Was sind ihre Rechte? Tretet freundlich und bestimmt auf. Zeigt euch kooperativ, aber trotzdem bestimmt. Behinderte Menschen müssen sich nicht alles gefallen lassen. Bereitet euch gut auf mögliche Gegenargumente vor. Überlegt euch am besten vorher, was aus Sicht des Amtes gegen euer Anliegen spricht. Legt euch schon Argumente zurecht, die die Gegenargumente aushebeln.
- Wenn ihr als behinderte Person oder deren Verbündete unsicher seid oder es euch schwerfällt, Dinge zu verstehen, nehmt euch jemanden mit, der euch unterstützt. Diese Person kann euch die Dinge entweder nochmal erklären oder später, wenn nötig, als Zeug*in auftreten. Macht am besten Notizen oder lasst jemand anders sie für euch aufschreiben. So könnt ihr später nochmal nachschauen und genauer darüber nachdenken. Fragt so lange nach, bis ihr wirklich alles verstanden habt. Das ist euer gutes Recht. Ihr müsst nicht alles sofort entscheiden. Bittet um Bedenkzeit.
- Mitarbeiter*innen in Ämtern sind oft sehr überlastet. Vor ihnen türmen sich Berge von Akten. Deshalb kann es passieren, dass die Bearbeitung eines Antrags lange dauert. Behinderte Menschen haben aber ein Recht auf eine schnelle Bearbeitung. Es gibt bestimmte Fristen, innerhalb derer eine Antwort erhalten werden muss. Nach drei Wochen sollte zum Beispiel der Bescheid kommen, ob der Antrag beim richtigen Träger gestellt wurde.
- Manchmal gehen Anträge oder eingereichte Dokumente auch verloren. Natürlich sollte das nicht passieren, leider kommt es aber immer mal wieder vor. Die Erfahrung zeigt, dass eine Diskussion hier oft nicht hilft. Davon tauchen die Unterlagen auch nicht wieder auf. Deshalb ist es wichtig, vorher alles zu kopieren, was ihr einreicht. So erspart man sich viel Zeit und Ärger, falls etwas verloren geht. So könnt ihr einfach die Kopie noch einmal schicken.
- Achtet darauf, dass ihr alle Unterlagen einreicht. Wenn die Unterlagen unvollständig sind, kostet das nur unnötig Zeit. Am besten macht ihr euch eine Liste mit allen Unterlagen, die gefordert sind, und hakt jede Sache ab, wenn ihr sie habt. So könnt ihr sicher sein, dass ihr nichts vergessen habt. Alle wichtigen Dinge solltet ihr unbedingt per Fax oder Einschreiben versenden. Eine E-mail gilt nicht als schriftlich. Beim Fax ist wichtig, dass man hinterher eine Sendebestätigung bekommt. Am besten ist es, wenn darauf auch die Seiten zu sehen sind, die ihr gefaxt habt. Entscheidet ihr euch dafür, die Unterlagen per Einschreiben zu schicken, dann nehmt das Einschreiben per Rückschein (das teuerste Einschreiben). Nur so könnt ihr wirklich sicher sein, dass eure Unterlagen angekommen sind. Heftet am besten alle Unterlagen immer zusammen in einem Ordner ab. So könnt ihr schnell alles nachschauen.
- Bleibt am Ball. Fragt in regelmäßigen Abständen nach, aber gebt den Bearbeiter*innen auch etwas Zeit, den Antrag zu bearbeiten. Ihr könnt auch gewisse Fristen setzen und z. B. sagen, dass ihr bis dahin (gut ist meist eine Vier-Wochen-Frist) mit einer Entscheidung rechnet. Auch behinderte Menschen werden Fristen bekommen. Haltet diese ein. Wenn es euch nicht möglich ist, eine Frist einzuhalten, dann teilt dem Amt kurz mit, warum, und bittet um eine erneute Frist. Diese neue Frist solltet ihr dann möglichst einhalten.
- Auch wenn Menschen mit Behinderung oft etwas anderes gesagt wird: Sie sind die besten Expert*innen für sich selbst. Nur sie wissen am besten, was sie brauchen und was sie können. Deshalb überlegt vor jedem Termin genau:
- Was möchte die behinderte Person?
- Was braucht sie dafür?
- Was möchtet sie auf gar keinen Fall?
Versucht, die Antworten auf diese Fragen in den Gesprächen klar zu kommunizieren. Wenn euch das alleine schwerfällt, könnt ihr als Mensch mit Behinderung immer eine Vertrauensperson eurer Wahl zu einem Gespräch mitnehmen. Sie kann euch helfen, zu sagen, was ihr möchtet.
Der Fragebogen dient dazu, den Gesundheitszustand einzuschätzen. Dort Menschen mit Behinderungen ihre Ärzt*innen, Psycholog*innen oder Sozialarbeiter*innen ein, sofern behinderte Menschen welche haben. Redet vorher mit den Personen, die ihr angebt. Sagt ihnen, dass sie bald eine Anfrage von einem Amt bekommen. Es ist natürlich wichtig, dass ihr dort ehrliche Antworten gebt, auch über Dinge, die vielleicht schwer sind. Achtet darauf, dass dort besonders betont wird, was ihr alles könnt. Lasst euch zeigen, was über euch geschrieben wurde. So könnt ihr das gegebenenfalls noch ändern lassen oder euch auf mögliche Argumente gut vorbereiten.
Manchmal reichen diese Unterlagen schon. Sehr wahrscheinlich wird die behinderte Person aber nochmal zu einem persönlichen Gespräch eingeladen. Häufig folgt darauf dann auch noch ein medizinisches und psychologisches Gutachten
Zu Beginn eines jeden Antragsverfahrens möchten Behörden wissen, was behinderte Menschen aufgrund ihrer Behinderung alles können bzw. nicht machen dürfen. Da die Person, die euch berät, oft keine Psycholog*in oder Ärzt*in ist, schickt er*sie die behinderte Person zu einem Profi. Das nennt sich medizinische Untersuchung oder psychologische Untersuchung.
Vorher wird man als Mensch mit Behinderung oft gebeten, einen langen medizinischen Fragebogen auszufüllen. Hier habt ihr als behinderte Person die Möglichkeit, eure Sicht der Dinge zu erläutern. Bereitet deshalb das Gespräch bei der Untersuchung gut vor und nehmt eine vertraute Person mit. Wenn ihr als Mensch mit Behinderung weitere Schreiben habt, die relevante Informationen zu eurem Gesundheitszustand beinhalten, könnt ihr sie zu diesem Termin ebenfalls mitbringen.
Die medizinische Untersuchung wird vom ärztlichen (Fach-)Personal der Agentur für Arbeit oder Rentenversicherung durchgeführt. Es kann sein, dass er*sie z. B. euren Rücken untersuchen will. Ihr müsst als behinderte Person nichts machen, was ihr nicht wollt. Wenn diese Untersuchung aber für euren späteren Beruf vielleicht wichtig ist, solltet ihr diese Untersuchung dann stattdessen von einer vertrauten Ärzt*in machen lassen und den Bericht schriftlich nachreichen.
Beim psychologischen Gutachten werden mit der behinderten Person Tests gemacht. Dabei kann es um folgende Themen gehen:
- logisch denken
- sich etwas vorstellen
- sich etwas merken
- rechnen
- schreiben
- es können auch Fragen sein, bei denen es um deine beruflichen Vorlieben und Interessen geht.
- Auch praktische Aufgaben, z.B. zur Beurteilung der Feinmotorik (Handgeschicklichkeit), können vorkommen.
Bereitet euch gut auf die Aufgaben im Test vor. Die Arbeitsagentur stellt zum Herunterladen Beispiele für Testaufgaben zur Verfügung (pdf).
Im Anschluss daran findet eine Auswertung der Untersuchung statt. Lasst euch dabei von einer verkündeten Person begleiten. Manchmal versteht man vielleicht etwas nicht sofort oder anders, als es gemeint war. Dann ist es gut, wenn jemand Vertrautes euch dabei unterstützt.
Tipp von uns: Wir empfehlen euch dieses Video über das psychologische Gutachten, wenn ihr euch weiter informieren wollt. |
Nachdem ein medizinisches und/oder psychologisches Gutachten gemacht wurde, kann Folgendes festgestellt worden sein:
- Die Person mit Behinderung ist ausbildungsfähig. Das heißt, sie kann eine reguläre Ausbildung schaffen.
- Sie kann eine theoriereduzierte Ausbildung absolvieren, die berücksichtigt, dass der behinderten Person das Lernen schwerfällt.
- Wenn der Mensch mit Behinderung noch etwas mehr Zeit bekommt, um zu lernen und Dinge auszuprobieren,kann er eine (theoriereduzierte) Ausbildung schaffen. Die Empfehlung ist, eine Berufsvorbereitung zu machen.
- Eine Ausbildung ist zu schwer, aber mit Hilfe kann die Person mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten. Es wird eine Unterstützte Beschäftigung empfohlen.
- Die behinderte Person kann nur maximal drei Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten. Sie wird als erwerbsunfähig eingestuft. Dann hat sie die Voraussetzungen, um in einer Werkstatt für behinderte Menschen zu arbeiten.
Außerdem kann im Gutachten stehen, dass zum Beispiel einen Fahrdienst gebraucht wird oder die Person nicht schwer heben darf. Es ist nicht immer schlecht, wenn darin steht, dass man als Mensch mit Behinderung etwas nicht kann. Das Gutachten kann die Grundlage dafür sein, dass man Assistenz, ein spezielles Hilfsmittel oder sogar ein Auto bekommt.
Geförderte Maßnahmen um in Arbeit zu kommen
Mit dem Ergebnis der Tests kann die Reha-Beratung nun ermitteln, welche Förderung für die behinderte Person am besten geeignet ist und was sie benötigt. Im Wesentlichen gibt es dort folgende Möglichkeiten:
- begleitete betriebliche Ausbildung (bbA)
- Theoriereduzierte Ausbildung
- Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme
- Unterstützte Beschäftigung (UB)
- Diagnose der Arbeitsmarktfähigkeit (DIA-AM)
- Teilzeit-Ausbildung
Die begleitete betriebliche Ausbildung (bbA) ist eine Unterstützungsmöglichkeit durch die Agentur für Arbeit. Sie ist für junge Menschen mit Behinderung gedacht, die während ihrer Ausbildung Hilfe und Unterstützung benötigen. Die Ausbildung findet in einem Betrieb statt und umfasst sowohl die Arbeit im Betrieb als auch den Besuch der Berufsschule. Dabei erhalten behinderte Menschen, ebenso wie der Betrieb, Unterstützung durch einen Bildungsträger. Die Mitarbeiter*innen des Bildungsträgers, wie Lehrkräfte und Sozialpädagog*innen, unterstützen individuell während der gesamten betrieblichen Ausbildung.
Möglichkeiten der Begleitung und Unterstützung:
- Förder- und Stützunterricht gemäß des jeweiligen Ausbildungsberufs
- Nachhilfe in Theorie und Praxis
- Vorbereitung auf Klassenarbeiten und Prüfungen
- sozialpädagogische Begleitung und Unterstützung
- Unterstützung bei Alltagsproblemen
- vermittelnde Gespräche mit Ausbilder*innen, Lehrer*innen sowie den Eltern
Theoriereduzierte Ausbildungen sind meistens Ausbildungen zum Fachpraktiker bzw. -werker. Dabei ist die Fachtheorie geringer und die fachpraktischen Inhalte stehen mehr im Fokus. Eine Ausbildung nach „besonderen Regelungen für behinderte Menschen“ müssen Menschen mit Behinderungen bei der zuständigen Kammer (Handelskammer, Landwirtschaftskammer oder Industrie- und Handelskammer) beantragen. In der Regel dauern diese theoriereduzierten Ausbildungen zwei Jahre. Im Anschluss daran kann man mit einer regulären Ausbildung beginnen.
Tipp von uns: Häufig finden diese Ausbildungen bei überbetrieblichen Trägern statt - also mit viel weniger Praxisanteilen im Betrieb. Das kann Vorteile haben. Doch wir glauben, wer gut auf die Arbeit vorbereitet sein will, sollte gleich in einem Betrieb lernen. Denn dann hat man später bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Achtet also bei der Auswahl darauf, dass ihr, wenn möglich, die Ausbildung in einem Betrieb macht. Dafür braucht es erst eine Zusage vom Betrieb. Der*die zuständige Ausbilder*in in dem Betrieb muss eine Rehabilitationspädagogische Zusatzqualifikation für Ausbilder (ReZA) haben. Es geht auch, wenn ihr einen Bildungsträger im Rahmen einer begleiteten betrieblichen Ausbildung an der Seite habt.
Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen (BvB) sind Leistungen der Agentur für Arbeit. Sie haben das Ziel, eure Berufswahl zu festigen und euch auf eine Ausbildung vorzubereiten. Sie sind nicht nur für Menschen mit Behinderung gedacht.
Dabei werden Schlüsselqualifikationen und Grundkenntnisse in verschiedenen Berufsfeldern vermittelt. Behinderte Menschen erhalten zusätzlichen Unterricht und eine intensive Begleitung. Neben Praktika in Betrieben besuchen sie auch die Berufsschule.
Zunächst wird geschaut, welche Stärken und Schwächen der Mensch mit Behinderung hat. Der Unterricht und die Begleitung werden daraufhin angepasst. Oft kann man währenddessen einen Schulabschluss machen. Eine BvB dauert etwa ein Jahr, kann aber auf 18 Monate verlängert werden.
Es gibt viele unterschiedliche Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen (BvB):
- Schulisches Berufsgrundbildungsjahr (BGJ)
- Berufsvorbereitungsjahr (BVJ)
- Einstiegsqualifizierung (EQ)
- Produktionsschule
- Arbeit und Qualifizierung für noch nicht ausbildungsgeeignete Jugendliche (AQJ)
- Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen (BaE)
- Berufsausbildungsvorbereitung (BAV)
- Förderlehrgang (F-Lehrgang)
Tipp von uns: Häufig finden BvBs bei überbetrieblichen Trägern statt. Das kann Vorteile haben. Doch wir glauben, wer gut auf die Arbeit vorbereitet sein will, sollte gleich im Betrieb vorbereitet werden. Dann habt ihr als Mensch mit Behinderung bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Achtet also bei der Auswahl darauf.
Unterstützte Beschäftigung ist ein Angebot für Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf als Alternative zur Beschäftigung in einer WfbM. Das ist eine individuelle betriebliche Qualifizierung. Das heißt, man bekommt eine umfassende Einarbeitung und Begleitung und Unterstützung in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes. Es wird erst ein Betrieb gesucht, in dem die Person mit Behinderung dann zwei Jahre Zeit hat, alles relevante zu lernen. Deshalb heißt der Grundsatz: „Erst platzieren, dann qualifizieren“. Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis.
Unterstützte Beschäftigung umfasst:
- individuelle Berufsplanung
- Unterstützung bei der Suche eines Arbeitsplatzes
- Unterstützung bei der Beantragung von Fördermitteln
- Arbeitsplatzanalyse und -anpassung
- begleitete Praktika
- Erstellung eines Einarbeitungs- und Unterstützungsplans
- Job-Coaching, Arbeitsassistenz
- Beratung und Unterstützung von Kolleg*innen im Betrieb
- psychosoziale Betreuung, Krisenintervention
Es ist nicht mit dem Budget für Arbeit zu verwechseln.
Die Diagnose der Arbeitsmarktfähigkeit DIA-AM ist eine Maßnahme, um festzustellen, ob behinderte Menschen einer Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt dauerhaft nachgehen können oder ob die Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) die geeignete Einrichtung darstellt. Die DIA-AM Diagnose dauert maximal drei Monate. Erst macht die Person mit Behinderung etwa vier Wochen eine Eignungsprüfung. Das sind Einzeltests, Erprobungen und Beobachtungen in einer Gruppe um z.B. die Orientierung, Mobilität, Motorik, Belastbarkeit, Selbständigkeit, Konzentrationsfähigkeit oder Arbeitsgeschwindigkeit einzuschätzen. Verläuft die DIA-AM positiv, kann man das Arbeiten in einem Betrieb erproben.
Die Teilzeitausbildung ist eine reguläre Ausbildung, bei der die tägliche oder wöchentliche Ausbildungszeit verkürzt ist. Meist ist sie nur für duale Ausbildungen möglich.
Der ausbildende Betrieb muss einverstanden sein, dass man als behinderte Person die Ausbildung in Teilzeit macht. Der Ausbildungsvertrag muss mit dem Zusatz “Teilzeit” bei der zuständigen Kammer eingereicht werden, die dann ihre Zustimmung gibt. Eine Umwandlung von Voll- in Teilzeitausbildung ist möglich, zum Beispiel nach längerer Krankheit. Reduziert wird allerdings nur die tägliche oder wöchentliche Zeit im Betrieb, nicht in der Schule. Dafür verlängert sich dann die Ausbildungsdauer insgesamt um den jeweiligen Anteil. Die Kürzung der Ausbildungszeit darf nicht mehr als 50 Prozent sein. Wie bei einer Arbeit in Teilzeit verringert sich auch die Ausbildungsvergütung. Menschen mit Behinderungen können aber unter bestimmten Voraussetzungen auch ergänzende Leistungen beantragen, um ihren Lebensunterhalt sicherzustellen.
Praktika sind eine tolle Sache und können ein Anfang sein. Sie sollten aber auf keinen Fall eine Dauerlösung sein. Während eines Praktikums lernt man die Arbeit direkt kennen. Man erfährt, wie Kolleg*innen sind und bekommt ein Gespür dafür, was die Arbeit bedeutet. Man erkennt Stärken und Schwächen, aber auch wo Grenzen sind. Deshalb ist es ratsam, möglichst viele Praktika zu machen. Und auch die Betriebe haben erstmal Zeit, den behinderten Menschen kennenzulernen. Er kann mit praktischen Fähigkeiten oder Persönlichkeit überzeugen. Der Betrieb muss sich nicht gleich entscheiden, sollte aber bereit sein, zu qualifizieren, auszubilden oder anzustellen.
Außerdem kann man mit Praktika beweisen, dass behinderte Menschen in der Lage sind, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten. Deshalb lasst euch immer ein Praktikumszeugnis ausstellen. Häufig ist aber das Problem, dass Menschen mit Behinderungen für ein freiwilliges Praktikum keine Unterstützung bekommen. Deshalb kann es sinnvoll sein, das Praktikum im Rahmen einer Maßnahme (siehe oben) zu machen. Dann stehen auch Unterstützungen zu.
Achtet aber auch streng darauf, dass behinderte Menschen nicht ausgenutzt werden. Holt regelmäßig Feedback ein. Wenn alle Beteiligten zufrieden sind, sprecht unbedingt über eine Bezahlung. Eine Alternative kann eine Probebeschäftigung sein.
Mit einem Persönlichen Budget (kurz auch PB) können behinderte Menschen selbst die Aufwendungen bezahlen, die sie zur Deckung deines persönlichen Hilfebedarfs brauchen. Es ist Geld, das behinderte Menschen bekommen, um behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen. Das PB kann man in ganz vielen Bereichen nutzen, z. B. im Haushalt, bei der Pflege, für die Mobilität (Fahrdienste, KFZ-Hilfe, Begleitpersonen), bei der Freizeit (Kino- oder Konzertbesuche, Sport, Ehrenamt) und auch für die Arbeit, Ausbildung oder Qualifizierung. Ein Persönliches Budget ist also ganz vielseitig einsetzbar. Es kann für alle Leistungen zur Teilhabe bewilligt werden. Meistens erfolgt die Auszahlung monatlich. Aber auch Einmalzahlungen sind möglich. Das Geld, das sonst direkt von einem Amt an einen Träger geht, bekommen die Menschen mit Behinderung/Lernschwierigkeiten direkt und kaufen sich damit die Unterstützung, die sie brauchen. Das heißt, dass Geld, was sonst ein BBW oder eine WfbM bekommt, bekommt der Mensch mit Behinderung, um einer Arbeit bzw. Ausbildung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Er bezahlt damit jemanden, der z.B. bei Schwierigkeiten im Betrieb, mit dem Chef/der Chefin, Kolleg*innen oder dem eigenen Verhalten unterstützt, der Stütz- und Förderunterricht gibt usw. Wenn das Geld nicht ausgegeben wird, muss es zurück gezahlt werden. Je nachdem, wofür die Person mit Behinderung das Geld bekommt, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein. Zum Beispiel kann nur bestimmtes Fachpersonal daraus bezahlt werden.
Je nach Bedarf stellt die behinderte Person einen Antrag beim zuständigen Kostenträger auf eine Maßnahme, aber als Persönliches Budget. Sie wird nun sicher einige Unterlagen einreichen müssen. Diese werden dann geprüft. Zum Abschluss wird gemeinsam eine Zielvereinbarung unterschrieben, in der dann steht, wofür das PB jeweils ist. Das Geld muss dann dementsprechend verwendet werden. Natürlich ist das etwas mehr Aufwand, da die Person mit Behinderung vieles selbst suchen muss. Doch dafür gibt es aber oft auch Unterstützung. Der Vorteil ist, dass die behinderte Person selbst entscheiden kann, in welchem Bereich man arbeiten möchte. Sie kann viel gleichberechtigter entscheiden, wer wie und mit was unterstützt.
Unterstützungsmöglichkeiten
Unterstützungen gibt es viele. Sie sollten so individuell auf behinderte Menschen abgestimmt sein, wie möglich. Deshalb ist es sehr wichtig, genau zu wissen, was man braucht. Scheut euch nicht vor der Beantragung, denn es steht behinderten Menschen und deren Arbeitgeber*innen zu, die Hilfe zu bekommen, die es braucht.
Es gibt viele tolle Möglichkeiten, wie Menschen mit Behinderungen bei der Arbeit unterstützt werden können. Diese sind:
- persönliche Unterstützung z. B. durch Arbeitsassistenz, Job-Coaching oder Gebärdensprach- oder Schriftdolmetschende, Sozialarbeiter*innen, die dir bei Problemen im Betrieb zur Seite stehen.
- technische Arbeitshilfen z. B. elektrische Tacker, besondere Lampen, Spracherkennungs- oder Screenreadersoftware, spezieller Rollstuhl, mobile Rampe
- Umbauten, wie z. B. Rampen, Lifte oder angepasste Toiletten.
- Kraftfahrzeughilfe
- Anpassung der Wohnung oder Umzug in eine bessere Wohnung.
Überlegt gut, welche Unterstützung gebraucht wird. Informiert euch, was es gibt und was hilft. Manchmal sind kleine, einfache Lösungen, wie eine App, viel anwendungsfreundlicher als z. B. spezielle Programme oder Hilfsmittel. Einiges davon kann finanziert werden.
Arbeitsassistenz ist eine persönliche Unterstützung am Arbeitsplatz. Arbeitsassistenz dient der gleichrangigen Ausführung der Arbeit der behinderten Arbeitnehmer*in und zum Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile. Wichtig ist, dass die Arbeitsassistent*in nur Hilfsarbeiten ausführt. Das heißt, sie hilft der Person mit Behinderung, Papiere zu sortieren, schwer erreichbare Dinge einzureichen, Texte vorzulesen oder sie von A nach B zu bringen. Die Aufgaben und Tätigkeiten, die den Beruf ausmachen, müssen durch die behinderte Person selbst ausgeführt werden.
Job-Coaching ist ein betriebliches Arbeitstraining. Das heißt, der Mensch mit Behinderung hat jemand an der Seite, der bei der Arbeit hilft, Kenntnisse und Fertigkeiten zu erlangen. Behinderten Menschen können zum Beispiel die Aufgaben in leichte Sprache übersetzt werden, Aufgaben mehrmals gezeigt werden oder bei der Kommunikation mit Kolleg*innen geholfen werden. Mit Hilfe des Job-Coaching soll die behinderte Person eine gute Arbeitsleistung erreichen und ihre Beschäftigung sichern.
Denkbar sind alle Hilfsmittel, die man behinderungsbedingt für die Arbeit braucht. Das kann ein spezieller Laptop, eine besondere Tastatur, Maus oder Software sein, aber auch Dinge, die die Mobilität zur Arbeit, währenddessen und zurück nach Hause erleichtern. Auch eine besondere Büroausstattung wie ein rückengerechter Stuhl oder ein höhenverstellbarer Tisch gehören dazu. Denkbar sind auch eine Liege, weil man sich hinlegen muss oder ein Lifter zum Umsetzen. Überlegt genau, wofür ihr was braucht.
Jeder Antrag auf Nachteilsausgleich wird einzeln geprüft (Einzelfall-Entscheidung). Man kann Nachteilsausgleich nur für einzelne Personen beantragen und nicht nur bei kürzeren Krankheiten (z.B. Arm gebrochen). Am besten ist, wenn dein Bedarf aus irgendwelchen Gutachten ersichtlich ist.
Tipp von uns: Viele Arbeiten finden nicht mehr ausschließlich im Unternehmen statt. Bedenkt bei der Beantragung auch Hilfsmittel und die Unterstützung, die ihr beim Besuch von Kund*innen oder auf einer Dienstreise braucht.
Sowohl bei einer dualen Ausbildung als auch bei einer reinen schulischen Ausbildung können Menschen mit Behinderungen Nachteilsausgleiche bekommen. Es sollen dadurch die Beeinträchtigungen behinderter Menschen in der Ausbildung und insbesondere während der Prüfungen berücksichtigt werden. Mithilfe der Nachteilsausgleiche können behinderte Menschen die Aufgabenstellungen gleichberechtigt zu anderen Auszubildenden erschließen und bearbeiten..
Bei einer dualen Berufsausbildung sind dafür die Kammern und Innungen verantwortlich. Schulische Ausbildung (z.B. Pflegeberufe, technische und kaufmännische Assistenzberufe) sind Ländersache, weshalb behinderte Menschen sich an die jeweilige Schulbehörde bzw. Schulleitung wenden müssen. Meist gibt es dafür bestimmte Fristen. Kümmert euch also rechtzeitig um einen entsprechenden Antrag.
Nachteilsausgleiche können sein:
- Zeitverlängerung pro Prüfungsfach
- angemessene Pausen zwischen den Prüfungsfächern
- Änderung der Prüfungsformen (z. B. mündliche statt schriftliche Aufgaben – oder umgekehrt)
- zusätzliche Erläuterungen der Prüfungsaufgaben bei Hör- und Sprachbehinderungen
- größere Schriftbilder bei sehbehinderten Menschen
- Benutzung besonders konstruierter Apparaturen oder Geräte
- technische Hilfen
- Nutzung von PC oder Laptop in schriftlichen Prüfungen
- Anwesenheit einer Vertrauensperson (z.B. Sozialpädagog*in)
- Gebärden- oder Schriftdolmetschende
- …
Jeder Antrag auf Nachteilsausgleich wird einzeln geprüft (Einzelfall-Entscheidung). Man kann Nachteilsausgleiche nur für einzelne Personen beantragen und nicht bei kürzeren Krankheiten (z.B. einem Armbruch). Am besten ist, wenn der Bedarf aus Gutachten ersichtlich ist.
Reguläre Fahrdienste googlest man am besten. Bevor man jedoch mit einem Fahrdienst spricht, überlegt, was es braucht. Sitzt die Person im Rollstuhl oder ist sie zu Fuß unterwegs? Kannst sie mit jedem Auto fahren? Reicht ein normaler PKW oder muss es ein umgebautes Auto sein? Kannst sie sich umsetzen?
Außerdem muss klar sein: Zu welchen Zeiten braucht die Person den Fahrdienst? Gibt es feste Arbeitszeiten oder muss auch mal länger geblieben werden?
Tipp: Häufig ist es schwierig, einen flexiblen Fahrdienst zu finden. Man kann den Fahrdienst auch über das Persönliche Budget bezahlen. So könnt ihr flexibler sein und unterschiedliche Fahrdienste oder Taxis in Anspruch nehmen. Viele Fahrdienste sind leider sehr eng mit dem klassischen System verbunden und machen deshalb lieber sog. “Sammelfahrten”. Das sind Fahrten von mehreren Menschen mit Behinderungen zu bestimmten Einrichtungen. Deshalb fangt am besten rechtzeitig mit der Organisation an und überlegt einen Plan B.
Kraftfahrzeughilfe können behinderte Menschen beantragen, um ihren Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu erreichen. Das kann eine finanziellen Hilfe für die Beschaffung eines Kraftfahrzeuges, behinderungsbedingte Umrüstungen (z.B. Automatikgetriebe, Rampen oder Lifte, spezielle Lenkhilfen, orthopädische Sitzhilfen usw.) oder die Finanzierung eines Führerscheins sein.
Dafür muss die behinderte Person aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft auf die Nutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen sein. In einem medizinischen Gutachten steht dann bspw., dass ihr nicht zugemutet werden kann, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Sie muss außerdem sicherstellen, dass sie das Fahrzeug selbst führen kann oder dafür sorgen, dass jemand fährt.
Welche Einrichtungen gibt es noch zum Thema Arbeit?
Werkstätten für behinderte Menschen (offizielle Abkürzung WfbM) sind Einrichtungen zur „Eingliederung“ bzw. Integration von Menschen mit Behinderung in das Arbeitsleben. Dort arbeiten Menschen, für die offiziell eine Beschäftigung wegen Art oder Schwere der Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder in einem Inklusionsbetrieb nicht, noch nicht oder noch nicht wieder in Betracht kommt. Aufnahmevoraussetzung ist eine Erwerbsminderung bzw. eine Erwerbsunfähigkeit. Das ist der Fall, wenn die Person weniger als drei Stunden täglich am allgemeinen Arbeitsmarkt einer Tätigkeit nachgehen kann. Gleichzeitig muss sie aber laut Gesetz “wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen” können.
In unserem Werkstätten ABC gibt weitere Infos zu allem rund um Werkstätten für behinderte Menschen.
Berufsbildungswerke (BBW) sind Einrichtungen der beruflichen Bildung für junge Menschen mit Behinderungen. Dort können Menschen mit Behinderungen eine Eignungsabklärung, Arbeitserprobung, Berufsvorbereitung und eine außerbetriebliche Ausbildung machen. Sie haben dort den praktischen und theoretischen Unterricht einer Ausbildung. Immer häufiger werden aber auch sogenannte verzahnte Ausbildungen mit Berufsbildungswerken (VamB) angeboten. Dabei findet der berufliche Teil der Ausbildung in Unternehmen oder öffentlichen Dienststellen statt. Menschen mit Behinderungen werfen dabei von den Berufsbildungswerken unterstützt. Jederzeit kann man dann in eine betriebliche Ausbildung wechseln. Wenn die Ausbildung in einem BBW keine verzahnte ist, machst man mindestens 26 Wochen Praktikum in einem Betrieb. Im BBW arbeiten Ausbilder*innen, Meister*innen sowie sonderpädagogisch ausgebildete Berufsschullehrer*innen. Behinderte Menschen können ärztliche, psychologische und sozialpädagogische Unterstützung erhalten. Außerdem gibt es Freizeit- und Sportangebote.
Tipp von uns: BBW sind sehr barrierefrei und bieten eine Menge an. Meist leben Auszubildende dort im Internat. Sie haben ca. zweimal im Monat die Gelegenheit nach Hause zu fahren. Oft bieten sie eine erste Möglichkeit, von zu Hause auszuziehen. Doch nicht alle BBW bieten selbstbestimmte und umfängliche Pflege an. Wenn behinderte Menschen also viel auf Hilfe angewiesen sind, klärt vorher genau, wie das geregelt wird. Natürlich sind die vielen Vorteile und Anpassungen eines BBW ansprechend. Vermeintlich ist eine Ausbildung dort erstmal der sicherere Weg. Doch das wahre Leben in einem Betrieb lernt man dort eher nicht. Situationen, wie “Wie gehe ich mit älteren Mitarbeiter*innen um, wie verhalte ich mich gegenüber Vorgesetzten, die mir auch kündigen können und wie kommuniziere ich meinen behinderungsbedingten Bedarf?” kommen während der Ausbildung in einer BBW eher nicht vor. Außerdem ist zu bedenken, dass natürlich spätere Arbeitgeber*innen immer sehen, dass die Person in einer “Sondereinrichtung” für Menschen mit Behinderungen gelernt hast.
Berufsförderungswerke (BFW) sind überbetriebliche Einrichtungen, in denen erwachsene Menschen mit Behinderung eine Weiterbildung oder Umschulung erhalten können. Im Gegensatz zum BBW sind BFW dazu da, die berufliche Rehabilitation zu unterstützen. BFW sind also dafür da, um Menschen, die eine Behinderung erworben haben, wieder ins Berufsleben einzugliedern. Neben Einrichtungen für die Berufsausbildungen bieten die BFWs medizinische, psychologische und soziale Betreuung und Beratung an.