Auf Twitter kam es vor kurzem unter dem Hashtag #IhrBeutetUnsAus zu einer heftigen Debatte um Unternehmen, die in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) produzieren lassen. Entfacht wurde sie von Userin @Johannissaft. Mit eurer Unterstützung wollen wir jetzt einen Schritt weitergehen und Unternehmen direkt anschreiben und nachfragen, wie es um die Zusammenarbeit mit Werkstätten steht. Wie ihr mitmachen könnt, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Viele Menschen haben den Hashtag genutzt, um sichtbar zu machen, welche Unternehmen mit Behindertenwerkstätten zusammenarbeiten. Interessant waren die Reaktionen darauf.

 

Reaktionen von Unternehmen

Auf der einen Seite gab es Unternehmen, die überrascht darüber waren, dass es überhaupt Kritik an der Zusammenarbeit mit Werkstätten für Menschen mit Behinderungen gibt. Das wundert uns manchmal, denn Informationen darüber, was am System der Werkstätten zu kritisieren ist, gibt es mittlerweile genügend. Trotzdem gibt es offensichtlich immer noch viele Unternehmen, die davon ausgehen, dass WfbM-Beschäftigte den Mindestlohn erhalten und eine bedeutende Anzahl von ihnen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt wird. Und die noch nicht wissen, dass es Alternativen zu Werkstätten gibt. Genau deshalb ist es wichtig, Unternehmen, die mit Werkstätten zusammenarbeiten, über die Arbeitsbedingungen dort zu informieren und an ihre soziale Verantwortung zu appellieren. Denn sie können ihren Einfluss nutzen, um für Veränderungen zu sorgen.

 

Reaktionen von Kund*innen

Auf der anderen Seite waren auch viele Kund*innen erschrocken davon zu erfahren, unter welchen Bedingungen Menschen in Behindertenwerkstätten arbeiten müssen. Viele haben eine eher idealisierte Vorstellung davon, wie es in den Werkstätten zugeht. Hier ein paar der Kritikpunkte:

  • Die Beschäftigung in einer WfbM ist das Gegenteil von Inklusion, da nur Menschen mit Behinderungen im Werkstattbereich arbeiten.
  • Die Beschäftigten (Menschen mit Behinderung) erhalten keinen Mindestlohn.
  • Die Vermittlungsquote aus den WfbM auf den Arbeitsmarkt liegt seit Jahren unverändert bei unter 1 %. Und das, obwohl genau dies die Kernaufgabe der WfbM ist.

Andere waren darüber erstaunt, dass ausgerechnet ihr Lieblingsunternehmen auch in Werkstätten produzieren lässt. Oft sind es nämlich Start-ups, die nachhaltig, ökologisch und verantwortungsvoll handeln wollen, aber dann doch auf die Dienstleistungen der WfbM zurückgreifen. Häufig, weil sie denken, dass sie damit etwas Gutes tun. Grundsätzlich verstehen wir das auch. Aber Gutes tun für Beschäftigte mit Behinderung geht besser. Und genau das wollen wir den Unternehmen mit eurer Hilfe jetzt zeigen.

 

Macht mit: Fragt nach bei euren Lieblingsunternehmen!

Zusammen mit @Johannissaft haben wir uns folgende Aktion ausgedacht: Schreibt euren Lieblingsunternehmen eine E-Mail, und fragt sie, ob sie mit Behindertenwerkstätten zusammenarbeiten! Dabei könnt ihr sie zum einen über die Arbeitsbedingungen in WfbM aufklären und zum anderen nachfragen, wie sie dazu stehen.

Wie ihr mitmachen könnt:

  1. Sucht auf der Webseite eures Lieblingsunternehmens eine Kontakt-E-Mail raus. Diese steht meistens im Impressum. Noch besser ist es, Presseverantwortliche anzuschreiben. Deren E-Mail findest du im Pressebereich.
  2. Kopiert den untenstehenden E-Mail-Text oder klickt auf den Button. Ihr könnt auch einen eigenen Text schreiben. Aber bitte seid freundlich!
  3. Versendet die E-Mail. Wenn ihr mögt, sendet uns eine Kopie eurer Mail an info@jobinklusive.de.
  4. Wenn ihr eine Antwort erhaltet, leitet sie uns gerne an info@jobinklusive.de weiter.

Vorlage für E-Mail an Unternehmen

Liebes Team von …,

ich habe kürzlich davon erfahren, dass die Arbeitsbedingungen in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) gar nicht so gut sind, wie ich immer dachte. Wusstet ihr zum Beispiel, dass die Beschäftigten dort keinen Mindestlohn bekommen, sondern im Durchschnitt nur 1,35 € pro Stunde verdienen? Was darüber hinaus in den Werkstätten schiefläuft, könnt ihr hier nachlesen: https://shero.link/kritik-wfbm

Da ich eure Produkte wirklich gerne mag und gerne bei euch einkaufe, interessiert mich, ob ihr mit einer Behindertenwerkstatt zusammenarbeitet. Und wenn ja, 

  • wisst ihr, wie viel die Beschäftigten dort verdienen? 
  • Oder wie viele Beschäftigte die Werkstatt im letzten Jahr auf den allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt hat? 
  • Habt ihr euch schon mal überlegt, Beschäftigte aus der Werkstatt bei euch sozialversicherungspflichtig im Unternehmen anzustellen? Dafür gibt es z.B. das Budget für Arbeit, womit 70 % der Lohnkosten vom Staat übernommen werden. 

Über eine Antwort von euch würde ich mich sehr freuen. 

Vielen Dank und liebe Grüße